Dr. Daniela Dotzauer berät nicht nur telefonisch oder per Chat, sondern besucht regelmäßig Familien zu Hause, um sich einen Eindruck über die aktuelle Situation zu verschaffen. In unserem Hausbesuch-Special ging es bei der Familie um den dreijährigen Einar und die kleine 4 Monate junge Fjella. Ein neues Geschwisterchen bringt häufig Unsicherheiten und Rivalität unter den größeren Geschwistern mit sich. Wie die Familie am besten damit umgeht und die größeren Geschwister diese neue Herausforderung meistern können, verrät Dr. Daniela Dotzauer in unserem Hausbesuch-Special. Außerdem widmet sie sich dem Thema Essverhalten - eines der häufigsten Problemsituationen in Familien.

Unsere Expertin für Babys- und Kleinkinder: Dr. Daniela Dotzauer

Dr. med. Daniela Dotzauer ist Ärztin und selber Mutter von zwei Kindern. Die ausgebildete Eltern-Kind-Beraterin ist Profi, was das Thema Baby- und Kinderschlaf angeht, und zeigt, wie Eltern ihr Kind bei einem gesunden Schlaf unterstützen können. Dr. Dotzauer war lange Zeit in der Schreibaby-Ambulanz des Kinderzentrums München tätig und hat eine Hausbesuchspraxis im Würmtal sowie im Großraum München.

Hausbesuch-Special: Geschwisterrivalität & Essverhalten

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Special Thema 1: Geschwisterrivalität

Bei meinem Hausbesuch bei dem dreijährigen Einar und der 4 Monate jungen Fjella, gab es zwei verschiedene Themen zu besprechen: Einerseits das Thema Geschwisterrivalität und andererseits das zeitlos aktuelle Thema Essverhalten.


Einar wurde zum großen Bruder und das bringt natürlich zahlreiche Veränderungen für ihn mit sich. Zuerst einmal muss er von seinem Einzelkind-Aufmerksamkeits-Zeitkontingent einen Großteil der Zeit an das Baby abgeben und daran muss er sich natürlich erst gewöhnen. Günstig wäre es, wenn er es weniger als Verlust, als mehr einen Zugewinn von Papas Zeit wahrnehmen würde und beide ihre Männeraktionen genießen und lieben.

Einar besucht bis zum frühen nachmittag den Kindergarten, sobald er zu Hause ist, wäre es für Einar wichtig, dass er ab diesem Zeitpunkt wirklich im Vordergrund steht. Wichtig für die kindliche Zufriedenheit ist die Wahrnehmung von Einar. Was kommt bei Einar also an? Wenn er beispielsweise viel mit einbezogen werden würde bei den Erwachsenentätigkeiten, quasi mithelfen darf (z. B. Essen herrichten) und wenn das Baby dabei im Tragetuch schläft, umso besser. Das muss ihn dann nicht kümmern, denn er ist im Fokus, er ist ganz wichtig, er wird gebraucht und das schlafende Baby tritt in den Hintergrund. Das ist es, was beim großen Kind ankommen sollte. Klug ist es z. B. auch beim Stillen des Babys, dem großen Kind das Gefühl zu geben, dass es davon nicht ausgeschlossen wird. Im Gegenteil: es lohnt sich für das große Kind, wenn es ruhig dabei ist. Es ist weniger eine Zweisamkeit von Mama und Baby, sondern mehr eine gute Möglichkeit für das große Kind mit Mama mal wieder Bilderbuch zu lesen, Memory zu spielen oder gemeinsam ein Puzzle zu legen. Entscheidend ist, welches Gefühl beim großen Kind ankommt.  Eine kleine Bemerkung beim Stillen Richtung Baby kann ebenfalls dabei helfen das sich das große Kind richtig wichtig fühlt (z. B. „Fjella, zappel mal nicht so, jetzt ist der Einar dran“) und wird Wunder bewirken. Die Eltern zeigen dem großen Kind immer wieder seinen Platz in ihren Herzen und geben ihm die Sicherheit, dass nichts auf der Welt ihm diesen Platz streitig machen kann.

Klar, das „Geschwister werden“ ist ein langer Gewöhnungsprozess und bis die großen Kinder endlich mit dem kleinen Geschwisterchen etwas anfangen kann, dauert noch eine ganze Weile. Bis dahin sollten die Eltern ihrem Sohn die Möglichkeiten der „3-Jährigen Welt“ zeigen und ihn dafür begeistern, sodass bei dem großen Kind Frieden einkehrt und die Einsicht, dass es sich wirklich lohnt 3 Jahre alt zu sein.

 

Wichtig für die kindliche Zufriedenheit ist die Wahrnehmung des Kindes. Fühlt es sich groß und wichtig ist der Grundstein für friedliches Miteinander gelegt.

Special Thema 2: Essverhalten & Süßigkeiten

Beim Hausbesuch-Special ging es neben der Geschwister-Thematik auch um das Essverhalten des großen Kindes. Dabei ging es konkret um das Problem, das der dreijährige bestimmte Vorlieben hat und neuen Essensideen wenig Chancen gibt. Solange also die Essenswünsche erfüllt werden, gibt es keine Probleme. Aber ist es richtig diese Essenswünsche immer zu bedienen und grundsätzlich Kinder- und Erwachsenenessen zu kochen?

Natürlich hat jeder Mensch besondere Vorlieben und das darf auch so sein. Ein heranwachsendes Kind sollte immer die Möglichkeit bekommen, die Welt (von der das Kind ja noch nichts weiß) auch kennen zu lernen. Deshalb empfehle ich nicht extra zu kochen, sondern das normale, gesunde, vielfältige Erwachsenenessen auch dem Kind anzubieten. Irgendwas sollte immer dabei sein, was auch für das Kind „essbar“ ist. Und bitte nicht grundsätzlich alles mischen, nur damit die Gesundheit ins Kind kommt, denn dadurch wird das Erwachsenenessen noch schneller boykottiert.

Deshalb wäre mein Rat, sich selber gesund und vielseitig zu ernähren und vor allem als gutes Vorbild zu dienen. Mahlzeiten haben einen hohen Stellenwert und werden gemeinsam vorbereitet und zelebriert und genossen. Jeder hat seinen Teller und es gibt das, was gekocht wurde. Nicht so Beliebtes, gibt es als kleinen Probierkleks an den Rand, ohne Verpflichtung. Schließlich kann man jeden Tag schlauer werden und eines Tages auch mal probieren. Abwertende Bemerkungen werden nicht toleriert, schließlich handelt es sich um viele wichtige Werte, die hinter einer Mahlzeit stecken. Ist das komplette Essen für das Kind nicht essbar weil es z. B. vermischt wurde und für das Kind problematisch erscheint, dann gibt es eine unlukrative Alternative, z. B. ein Butterbrot.

Kinder und Süßigkeiten?

Natürlich wollen wir unseren Kindern beibringen, dass zu viel Zucker ungesund ist. Aber wenn man an die ganz Kleinen denkt, die sich noch von Mutter- oder Premilch ernähren, sollte man sich klar machen, dass Muttermilch sehr süß ist. Für alle die das nicht wissen: wenn Muttermilch auf den Boden tropft, klebt es an der Stelle. Ich weiß nicht was sich Mutter Natur dabei gedacht hat, aber eines ist klar: Menschenkinder lieben süß. Und wenn das fast vollgestillte Kind die Wahl hat, wird oft die süße Variante der Beikost bevorzugt. Natürlich kann und soll man sich an alle Geschmäcker gewöhnen und ich bin auf jeden Fall der Meinung, dass man maßvoll mit Süßem umgehen sollte, aber keine überbordende Philosophie daraus machen. 

Eines ist klar man kann dieses Problem nicht mit „Nichtkaufen“ lösen. Denn die Eltern und das Kind müssen einen Umgang damit finden und lernen. Wird Süßes tabuisiert und verboten, steigert sich der Reiz ins Unermessliche und auf dem nächsten Kindergeburtstag (ohne Mama) wird richtig zugelangt, oft über den Füllungsgrad des Magens hinaus. Also liebe Eltern, findet einen für Euch gangbaren, normalen Weg ohne extreme Verknappung und Belohnungssystem.


Frau Dr. Dotzauers Rat: Es gibt nicht regelmäßig, sondern ab und zu Süßes, weder Riesenmengen noch Miniportiönchen, angemessen halt, aber nicht wegen irgendwelcher Leistungen (oder gar zur Belohnung wegen des Aufessens), sondern weil es normal und lecker ist auch mal was Süßes zu essen. Diesen Umgang müssen wir als Eltern vorleben. Mal gibt es einen Nachtisch, mal nicht, aber es sollte nicht zur Belohnung eingesetzt werden.

Muttermilch enthält einen hohen Milchzuckeranteil, Babys lernen also von Beginn an den Geschmack von Süßem kennen.

Das unsere Kinder mit Lust und Freude essen ist das Ziel

Das wünschen wir uns für unsere Kinder im zusammenhang mit dem Essen:

  • dass es zum Essen weder Spielen noch Ablenkung braucht
  • dass es aufhört zu essen, wenn es satt ist
  • dass es gesundes Essen mag und seinen Hunger nicht durch Erbettelung von Süßkram oder großen Trinkmengen oder nächtlichen Milcheskapaden stillt
  • sich neugierig auf Neues einlässt und sich nicht selber abschneidet von den Genüssen dieser Welt, indem es verhaftet bleibt, bei seiner selektiven Auswahl
  • dass unser Kind einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln lernt.

Heute mehr denn je haben Eltern zum Thema Essen ihrer Kinder meist genaue Vorstellungen. Gesund soll es sein, ausgewogen, frei von Schadstoffen, auf jeden Fall mit vielen Vitaminen, Ballaststoffe nicht zu vergessen, wenig Fett und auf keinen Fall sollte es Zucker enthalten. So der Plan der Eltern. Klingt ja auch vernünftig.

Doch zuerst ist es wichtig, seinem Kind die Welt des Essens zu zeigen. Es gibt nicht nur Milch und das Essen ist nicht immer weiß und flüssig, sondern es hat verschiedene Konsistenzen, Geschmäcker, Farben und Formen, an die sich die Kinder schrittweise gewöhnen können und vor allem die sie auch lieben lernen. Sie werden Vorlieben entwickeln und auch Abneigungen, dabei spielen viele Aspekte eine Rolle.

Raupe aus Obst und Gemüse auf einem Teller angerichtet.

Ernährung für Kinder von klein bis groß

Machtkämpfe beim essen bewirken bei Kindern das Gegenteil

Die wichtigste Botschaft ist, dass sich Essen gut anfühlt und die Antwort auf Lust und Hunger ist. Aber das muss jeder Mensch für sich selber herausfinden. Es ist wesentlich diesen Zusammenhang zu begreifen und auch die Tatsache, dass kein Mensch (auch keine Mutter) für einen anderen hungrig oder satt sein kann und auch Lust und Appetit zu haben, muss jeder für sich selber entdecken.

Wenn jetzt die Eltern bestimmte Mengen im Kopf haben, welche das Kind essen soll, das Kind aber vielleicht gar keinen Hunger, Lust oder Appetit verspürt, gibt es verschiedene Reaktionen darauf:

Entweder es ist für die Eltern in Ordnung und das Thema ist erledigt, oder die Eltern versuchen das Kind zu überreden noch etwas zu essen. So erfährt das Kind plötzlich besondere Aufmerksamkeit, die sich immer weiter steigern lässt, durch hartnäckiges Nichtessen.


Im Klartext bedeutet das: wenn Nichtessen mehr Aufmerksamkeit beschert als Essen, wird die Nahrungsverweigerung zum kindlichen Instrument, um die elterliche Aufmerksamkeit zu steuern.

Interessanter Weise neigen Eltern dazu auf Grund ihrer eigenen „Esserfahrungen“ aus der Herkunftsfamilie, ganz gleich ob sie gut oder schlecht waren, ihren Kindern ihre eigene Welt des Essens als normal zu verkaufen. Das heißt wer selber als Kind zum Essen überredet, abgelenkt oder dazu gedrängt wurde, neigt dazu dies als Normalität zu betrachten und diese auch seinem Kind zuzumuten. Hier dürfen Eltern gern locker lassen und ihre eigenen, neuen Wege gehen.

Jede Familie entscheidet selber über ihre Essenskultur, gemeinsame Mahlzeiten haben einen hohen Stellenwert, sie sollten keine Plattform bieten für Eltern-Kind-Machtkämpfe. Wenn Nichtessen ein kindliches Instrument wird, um elterliche Aufmerksamkeit zu erreichen, fühlt sich das mit Aufmerksamkeit beschenkte Kind („jetzt iss doch“) zwar besser, aber es läuft was falsch: es wird zum Nichtessen erzogen.

Wenn elterliche Kontrolle ein Instrument wird, um gesundes oder eine bestimmte Menge Essen ins Kind zu bekommen, fühlen die Eltern sich zwar besser, doch es läuft ebenfalls etwas falsch, denn es geht ja darum, dass das essende Kind sich besser fühlt und eine positive Verknüpfung zwischen Hunger, Essen und Sattsein erlebt. Ein solcher Machtkampf von Kontrolle oder Erpressung erreicht das Gegenteil.

Oft gelingt es den Eltern nur mit Erpressung. Wenn du dies und jenes aufißt, dann gibt es Nachtisch, sonst nicht. Ist es sinnvoll ein Belohnungssystem für etwas einzusetzen, was selbst Belohnung sein sollte? Ist es sinnvoll von klein auf ein Konzept zu vermitteln: wenn du was ungeliebtes isst/tust, gibt es eine süße Belohnung? Dann wird genau das Gegenteil erreicht von dem was gesundheitsbewusste Eltern anstreben. Das Gesunde wird nicht positiv besetzt, sondern es wird als notwendiges Übel erduldet um Belohnung (Süßes) zu erreichen. Die Verknappung des Süßen verstärkt dabei den Belohnungscharakter.

Diese Konditionierung bekommt man schwer wieder los. Viele Erwachsene müssen sich nach besonderen Leistungen auch besonders belohnen oder trösten und dies geschieht meist nicht mit einem Apfel. Ich empfehle dringend die immer richtige und bewährte Goldene Essensregel zu beachten:

Eltern bestimmen wann und was gegessen wird – das Kind bestimmt wieviel!

Die Antwort auf Hunger ist Essen und die Antwort auf Sättigung ist mit Essen aufhören. Und ganz wichtig: nur wer Hunger hat, möchte auch essen. Deshalb wäre es ratsam die Zwischenmahlzeiten nicht zu dicht an den Hauptmahlzeiten zu legen, denn ein Kind muss das "ungute" Gefühl von Hunger erst kennenlernen und die Verknüpfung herstellen, dass dieses Gefühl durch Essen verbessert wird. Also achten Familien am besten darauf ein bis zwei Stunden vor der Mahlzeit keine Snacks mehr anzubieten, damit das Kind wirklich Hunger hat. Und die Erfahrung zeigt, hat das Kind wirklich Hunger, wird es eher das angebotene Mittagessen probieren, als wenn es sich schon leicht gesättigt fühlt (durch die Snacks).

Wenn den Kindern dieser Welt das Schöne, Lustvolle und Wohltuende beim Essen gezeigt wird, ohne Verpflichtung jemand anderen dadurch glücklich zu machen, könnten alle die Mahlzeiten mehr genießen und es gäbe weniger Streit um Mengen und Manieren und plötzlich gäbe es ganz viel Zeit für das, was neben dem Essen noch viel wichtiger ist - für das Liebhaben.

Die goldene Regel beim Thema Essen:

Eltern bestimmen wann und was gegessen wird – das Kind bestimmt wieviel!

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